Weyand, Kai
Applaus für Bronikowski
Erscheint 2015; lieferbar
Wallstein Verlag; 188 S., geb., Schutzumschlag, 12 x 20, 19.00 €

Schade, das Buch gefiel mir nicht. Dabei hatte ich so große Lust, endlich von diesem Autor mal was zu lesen. Ich kenne Kai Weyand als sehr kompetenten und aufmerksamen Zuhörer und Co-Leiter der Jahresschreibwerkstatt von Maria Bosse-Sporleder in der Freiburger VHS.
Die Hauptperson des Romans, Nies, später „NC“ (No Canadian, dazu später), ist ein junger Mann auf der Suche nach seiner Identität neben so vielen durchschnittlichen und langweiligen Menschen, z.B. auch sein fünf Jahre älterer Bruder, der eine Bänkerlaufbahn eingeschlagen hat, die ihn schließlich nach London führt. Ja, bei dem reduziert sich halt alles auf Plus und Minus. Im ersten Romandrittel rufen sie sich zwar noch an und – reden dann endgültig aneinander vorbei.
NC protestiert mit diesem, sich selbst gegebenen Namen, gegen die Eltern, die einen Lottogewinn gemacht haben und sich damit ihren eigenen Lebenstraum erfüllen und nach Kanada auswandern wollen. Und die beiden fast erwachsenen Söhne würden sie also zurück- und sich selbst überlassen. NC ist empört über den elterlichen Plan, geht in Opposition zu ihnen und auch zum älteren Bruder, der mit ihm weiter zu Hause wohnen würde. Der Ältere gibt es schließlich auf, den Jüngeren von seinen skurrilen und schrägen Gedanken abzubringen. Er verschwindet, wie gesagt, nach einem Drittel aus dem Roman.
Dafür scheint NC nach diversen anderen Jobs endlich das Richtige gefunden zu haben: Er wird „Bestattungshelfer“ und schockt damit seinen doch recht kleinen Freundeskreis und Freundin Kornelia.
Während des Lesens des 188-seitigen Romans hatte ich fast vergessen, wie der Titel des Romans ist: „Applaus für Bronikowski“. Als ich die ganzen Details der Arbeit eines Bestattungshelfers und das Verhalten der eingestreuten Verkäuferin und des Schülers im täglichen Bus seitenlang kennengelernt hatte, kam auf den letzten zehn Seiten die Auflösung. Dass ein toter Schauspieler mit Namen „Bronikowski“ beim Transport aus der Wohnung aus dem berstenden Sarg fällt und auf den Treppenstufen, auf die er gefallen war, schauspielernde Verrenkungen macht, soll ein treffender Buchtitel sein? Ich weiß nicht. Das hat mich nicht überzeugt, vor allem auch deshalb nicht, weil bei uns hier im Südbadischen eine hoch betagte und sehr angesehene Lyrikerin und Schriftstellerin so heißt: Rosemarie Bronikowski. Kai Weyand kennt sie natürlich. Ihren Namen zu einem Buchtitel zu machen, wirkt in unserer Region hier wie eine falsch gelegte Spur. Nun ja, einen ganzen Roman zu schreiben und dann auch noch richtig gut, gelingt nicht jedem, ich selbst versuche es nur mit Kurzgeschichten. Die Fallhöhe ist dabei wirklich nicht so krass.
Dennoch möchte ich am 29. April zu Kai Weyands Lesung im Kommunalen Kino in Freiburg gehen. Vielleicht verstehe ich dann den Humor des Romans und meine Hände rühren sich zum Applaus.


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