Roland Burkhart
Rolands Feschd
05.04.2008
Gutach

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Zum Interview "Den Blick aufs 'Dreyeckland' gerichtet", Badische Zeitung 20. Februar 2009: hier klicken Veröffentlicht mit Genehmigung des Autors Frank Berno Timm.

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Den Blick aufs "Dreyeckland" gerichtet

WALDKIRCH. Roland Burkhart war nie nur Buchhändler, aber diesen Beruf übt er seit nun schon 30 Jahren aus. Noch länger hat er sich gegen die Kernkraft und hier speziell gegen ein Atomkraftwerk im Rheinauewald bei Wyhl engagiert. Als "Buki" komponierte und sang er viele Lieder in alemannischer Mundart. Vor gut einem Jahr zog er sich aus dem Vorstand des Georg-Scholz-Haus-Kunstforums zurück. Kürzlich rückte er für "Die Offene Liste" (DOL) in den Waldkircher Stadtrat nach. BZ-Mitarbeiter Frank Berno Timm sprach mit ihm in seinem Freiburger Büro.

Roland Burkhart, bekannt als Liedermacher „Buki“. | Foto: Frank Berno Timm

BZ: Ihr neues Mandat als Gemeinderat in Waldkirch – wird das eine Episode bleiben oder wollen Sie bei den anstehenden Kommunalwahlen wieder kandidieren?

Burkhart: Ob das eine Episode bleibt, hängt vom so genannten Souverän, dem Wähler, ab. Aber seit ich im Elztal wohne, bin ich als eingefleischter Bürgerinitiativler auch immer auf der DOL-Wahlliste. Allerdings, als in den 90er Jahren unsere Kinder noch klein waren und wir Eltern im "Maxhaus" (Freie Schule Elztal) stark engagiert waren, hätte ich das neben dem Beruf nicht auch noch geschafft.

BZ: Insgesamt dürften ja drei Jahrzehnte Aktivität in Politik und Kultur zusammenkommen. Stimmt das?

Burkhart: Das ging schon früher los. Ich habe zum Beispiel 1971/72 als Student das Freiburger Kinder- und Jugendtheater mitgegründet. Als die Stadt Freiburg das erste Mal einen Weihnachtsmarkt auf dem Rathausplatz einrichten wollte, hat sie unsere Gruppe um einen kulturellen Beitrag gebeten. Irgendwas sollten wir als Kindertheatergruppe des benachbarten Wallgraben-Theaters da machen. Es gab dann bei uns die damals üblichen Gruppenprozesse. Die gingen bis zur Absetzung unseres eigenen Leiters. Wir haben dann keine Zugeständnisse gemacht, sondern natürlich ein freches Antikonsumstück selber geschrieben, was einiges Entsetzen bei den Freiburger Weihnachtsmarktenthusiasten ausgelöst hat.


BZ: Wie gelangten Sie nach Freiburg?

Burkhart: 1959 kam ich als Bub aus einer kinderreichen Jechtinger Bauernfamilie, vom "ähnere" Kaiserstuhl, also am Rhein drüben, in ein katholisches Schülerheim nach Freiburg, weil es damals bei uns kein Gymnasium gab. Wir gingen alle ins Herdermer Berthold-, später Friedrich-Gymnasium. In diesem Schülerwohnheim gab es zwar eine strenge Hausordnung, gegen die wir rebellierten, zum Beispiel das Frühaufstehen zum Gottesdienst, dennoch war da einfach was los, es war so ein Fluidum von "Action": Man lernte ein Instrument spielen, veranstaltete Konzerte, spielte Tischtennis bis zum Umfallen und Fußball im größten Schlamm, es gab Theater, wir gingen auf große Wandertouren, auf Zeltlager und Auslandsreisen. Wir waren mit 16 Jahren am Atlantik in Frankreich unterwegs und haben auf einem Dorffest spontan deutsche Lieder gesungen, weil es sich die Franzosen gewünscht haben. Da stand ich erstmals an einem Mikrofon, habe mit meinem bisschen Französisch die Lieder angesagt und auf der Gitarre begleitet. Das war eine gewisse Vorbereitung auf mein späteres öffentliche Engagement.

BZ: Wie beschreiben Sie Ihre Motivation, sich öffentlich zu engagieren?

Burkhart: Spaß am Mitgestalten und am Einflussnehmen. Und dann, natürlich, ein Gefühl von Betroffenheit, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Ich war dann auch in der linken Szene in Freiburg, aber als Kaiserstühler war ich ab 1975 mit Herzblut bei den "Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen" als richtiger Platzbesetzer im Wyhler Rheinauewald und bei der "Volkshochschule Wyhlerwald". Tatsächlich war ein gewisses Aufbegehren schon immer ein Herzstück von mir. Bei größeren Aktionen habe ich meistens versucht, ein neues, aktivierendes Lied dazu zu machen. Ich sprang oft mitten in der Nacht mit einem Ohrwurm oder Textfetzen aus dem Bett und fing auf der Gitarre zu klimpern an. Als ich 1969 in Freiburg Politik und Soziologie zu studieren begann, fiel mir im ersten Semester gleich mal der Kinnladen herunter: Die älteren Semester haben nach zwei, drei Sitzungen den Dozenten ’rausgeschickt und gesagt: Wir machen das jetzt selber. Es waren diese aufgewühlten Zeiten, als Kiesinger Kanzler der Großen Koalition und Filbinger Ministerpräsident in Stuttgart war.

BZ: Wenn Sie die ganzen Jahre überschauen, was war der wichtigste Erfolg?

Burkhart: Die Verhinderung des damals am Kaiserstuhl geplanten Atomkraftwerks ist der Erfolg überhaupt gewesen! "Wyhl", das kann man heute feststellen, hat in fast alle Lebensbereiche Wellen geschlagen und wird zu Recht als "Wiege" der europäischen Ökologiebewegung gepriesen! Dessen waren wir uns damals noch gar nicht bewusst.

"Die Verhinderung des damals am Kaiserstuhl geplanten Atomkraftwerks ist der Erfolg überhaupt gewesen" (Roland Burkhart)

Zunächst ging es uns nur darum, uns mit den Elsässern und Schweizern im Widerstand gegen die hier geplante "Perlenkette" von Atomkraftwerken am Rhein zusammenzuschließen und bis zum erfolgreichen Ende in Gerstheim, in Kaiseraugst und Wyhl zusammenzuhalten.

BZ: Wo sind Sie politisch gescheitert?

Burkhart: Es gab zum Beispiel in der Studentenzeit in Freiburg Anfang der 70er Jahre diese sozialpolitischen Arbeitskreise namens "SPAK". Wir vom SPAK "Obdachlosenarbeit" haben damals mit der Stadt über die richtige Form gerungen, wie man mit gesellschaftlichen Randgruppen umgeht. Das scheiterte weniger an der Stadt, sondern an unserer eigenen studentischen Unzuverlässigkeit.

BZ: Sind Sie ein politischer Künstler oder ist die Kunst für Sie ein politisches Mittel?

Burkhart: Ich habe mich über viele Jahre schon sehr als Liedermacher verstanden, eigentlich als Dialektliedermacher. Ich habe mich mit historischen Ereignissen und Figuren der Region befasst: Badische Revolution, Nazizeit und Sagengestalten. Das war damals ja auch ein ganz großes Thema, ja sogar eine ganze Kulturbewegung. Grenzüberschreitendes, europäisches Denken war zu jener Zeit, als es noch die sichtbaren Staatsgrenzen zu Frankreich und der Schweiz und vor allem die Grenzkontrollen gab, noch etwas Innovatives. Ich habe mich sehr für den Regionalismus interessiert, ihn tief aufgenommen und als befreiend erlebt. Das galt zum Beispiel auch für das Kulturprogramm der Freiburger Buchmesse vor 30 Jahren, das wir damals ganz regionalistisch aufgezogen haben. Schon damals gab es so ein Gefühl, dass wir den Blick auf etwas lenken, was eigentlich noch gar nicht so recht bewusst ist: Ins Elsass und die Schweiz, in die Region über die Grenzen hinweg, auf die gemeinsame Geschichte und Kultur, also auf das "Dreyeckland".

BZ: Wyhl, die Projekte in Freiburg und in der Region, das Engagement im Waldkircher Georg-Scholz-Haus – steht das alles unter der Überschrift "Widerstand"? Burkhart: Es geht nicht immer und in allen Bereichen um ein Dagegensein, um Widerstand. Aber wenn es um so etwas wie den Schrottreaktor drüben in Fessenheim geht, bin ich eisern dabei. Deshalb sitze ich im Regionalbeirat des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), weil es mir wichtig ist, dass der Widerstand gegen den atomaren Wahnsinn hier nicht erlahmt. Auch freue ich mich in diesem Zusammenhang besonders, dass meine jetzigen Stadtratskollegen in Waldkirch vor einiger Zeit einen sehr weisen Beschluss gefasst haben: Waldkirch ist Mitglied im "TRAS" (Trinationalen Atomschutzverband).

BZ: Bleiben Politik, Kultur und Kunst für Sie persönlich weiter wichtig?

Burkhart: Politik, Kultur und Kunst bleiben weiterhin gleich wichtig für mich. Da sind bei mir einfach so viele Antennen in alle Richtungen gewachsen. Aus dem Georg Scholz-Haus habe ich mich nicht komplett ausgeklinkt. Ich organisiere weiterhin Lesungen. 2008 gab es dort so etwas wie eine "badische Reihe" mit Jürgen Lodemann, Karl Heinz Ott, José Oliver und Christoph Meckel. Auch andere Ideen teile ich dem jetzigen Vorstand mit. Mein Einsatz gegen Fessenheim und für das Georg Scholz-Haus gehen weiter.


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